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Gemeinde Wäschenbeuren

„Heubeund-West“ - Naturschutzbehörde baut weitere Hürden auf

Artikel vom 28.09.2022

Baugebiet steht auf der Kippe

Erbost, ja geradezu erzürnt über immer weitergehende staatliche Umweltauflagen war Bürgermeister Karl Vesenmaier bei der Berichterstattung in der jüngsten Gemeinderatssitzung über die Entwicklung des möglichen Baugebiets „Heubeund-West“. Nachdem mit einer knappen Mehrheit von 50,5 : 49,5 Ende April 2020 von der Bürgerschaft positiv beschlossenen Bürgerentscheid über das Baugebiet habe der Gemeinderat im Anschluss daran auch die ablehnenden Stimmen aufnehmen und in einer Neuplanung berücksichtigen wollen. Das attraktivste und zugleich ökologisch wertvollste Baugebiet in der Gemeinde sollte es werden.

Fünf namhafte Planungsbüros wurden dabei in den Reife- und Auswahlprozess einbezogen.

Dies hat alles viel Zeit gekostet. Wertvolle Monate vergingen auch, weil das Landratsamt eine von einem Anlieger aufgeworfene Rechtsfrage erst mit großer Verzögerung beantwortet hat. Schließlich musste das Verfahren auch neu aufgerollt werden, weil zunächst eine Ausnahmegenehmigung (§13a des Baugesetzbuches) zeitlich nicht eingehalten werden konnte. Der „Man-möchte-es allen-recht-machen-Stil“ hat sich wegen des zeitlichen Faktors als Bumerang erwiesen. Alle Bemühungen haben das Verfahren zurückgeworfen. Denn in der Zwischenzeit haben sich Rechtsvorschriften im Hinblick auf den § 33a des Naturschutzgesetztes verschärft. Der Hinweis darauf, dass beim Start des Rechtsverfahrens vor ein paar Jahren die Auflagen viel „milder“ gewesen seien, interessiert die Behörden nicht. Vielmehr wird von diesen Stellen darauf verwiesen, dass die Naturschutzverbände den Behörden „im Nacken“ liegen würden und auf europäischer Ebene bei Nichtbeachtung mit Klagen zu rechnen sei.

Eigentlich ist das Artenschutzgutachten positiv für die Gemeinde ausgefallen. Doch von oben wird verlangt, wegen des Eingriffs in den vernachlässigten Streuobstbestand benachbarte Wiesenflächen zu erwerben, die dann neu bepflanzt werden sollen als Nahrungsquelle der dort angesiedelten Fledermäuse. Doch das Angebot privater Eigentümer dafür ist gleich null. Ausgleichsflächen der Gemeinde wurden nicht akzeptiert, weil diese bereits bepflanzt seien.

Hunderttausende € hat die Gemeinde bisher in das Gebiet investiert. Den zeitlichen Verwaltungsaufwand nicht eingerechnet. Ob die neue, viel höher angesetzte Messlatte in einem neuen Anlauf genommen werden kann, muss offen bleiben.

 

Anbei Auszüge eines Schreibens des Landratsamts Göppingen an die Gemeinde:

„Anforderungen an einen Antrag gemäß § 33a NatSchG sind u.a. folgende:

1.  Ausführliche begründete Darlegung, warum die konkrete Fläche benötigt wird.

Darlegung, warum im Einzelfall von einer Überplanung anderer Flächen (Alternativen) abgesehen wird. Da-

bei sind Alternativen in jedem Einzelfall darzustellen und zu betrachten. Diese Prüfung erstreckt sich über alle

potentiell geeigneten Flächen und über das gesamte Gemeindegebiet.

2. Beschreibung, warum die Maßnahme aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erforderlich ist und warum diese Gründe das Interesse an der Erhaltung des Streuobstbestandes überwiegen.

3. Darlegung der Bedeutung des Streuobstbestandes für den gesamten Naturhaushalt:

Hierbei kommt es auf den konkreten Einzelfall an, unter anderem die Qualität des aktuellen Bestandes, die Anzahl und Qualität weiterer Streuobstbestände in der räumlichen Umgebung oder die Bedeutung des konkreten Bestands für den funktionalen Biotopverbund. Relevant ist auch die Qualität des Grünlandes des Streuobstbestandes.

4. Erstellung einer Habitatpotentialanalyse (HPA) durch ein entsprechendes Planungsbüro bzw. durch GutachterInnen. Hierfür sind alle national besonders sowie streng geschützten Arten und Artengruppen in die Analyse einzubeziehen und nach mind. einer Ortsbegehung entsprechend der Habitatpotentiale abzuschichten. Auch potenzielle, nicht besetzte Habitate können als Lebensraum geeignet sein und sind in die Betrachtung einzustellen und zu bewerten. In der HPA sind die Aspekte der Bedeutung des Streuobstbestandes für den Naturhaushalt zu berücksichtigen (s. 3.).

Es empfiehlt sich zudem die Abfrage von lokalen Artexperten und Artendaten bei der UNB. Vorlage der HPA im Rahmen der Antragstellung nach § 33a NatSchG.

5. Nach der HPA sind ggf. artenschutzrechtliche Untersuchungen der in Anspruch genommen Bereiche des Streuobstbestandes auf potentiell vorkommende national besonders sowie streng geschützten Arten und Artengruppen nach anerkannten Methodenstandards notwendig. Die entsprechenden Erfassungszeiträume erstrecken sich i.d.R. vom März bis September eines Jahres. Alleine die Betrachtung der Arten, die bereits im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung erfolgt ist reicht in diesem Falle nicht aus.

6. Darlegung des Ausgleichs gemäß § 33a Abs. 3 NatSchG einschl. langfristiger fachgerechter Fertigstel-

lungs-, Entwicklungs- und dauerhaften Unterhaltungspflege der Ausgleichsfläche sowie deren privatrechtliche sowie dingliche Sicherung.

Entsprechende Pflege-bzw. Nutzungsverträge sind abzuschließen.

 

Die Untere Naturschutzbehörde entscheidet im Rahmen der Abwägung ergebnisoffen über den Antrag.“

http://www.waeschenbeuren.de//rathaus-service/aktuelles