Die staatlicherseits verordneten Einschränkungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Covid 19 erlaubten dieses Jahr erneut kein öffentliches Gedenken. Bürgermeister Karl Vesenmaier war es dennoch wichtig, dass eine würdige Feier zum Gedenken der Gefallenen und Vermissten im kleineren Umfang stattfinden konnte. Neben ihm waren anwesend der katholische Pfarrer Karl Wahl, die Fraktionsvorsitzenden von CDU (Claudia Merkt-Heer), SPD (Thomas Wolff) und Freie Wähler (Inge Schmid), sowie die Fahnenabordnungen des Liederkranzes, der Freiwilligen Feuerwehr und des Musikvereins.Nach der Ansprache von Bürgermeister Vesenmaier sprach Pfarrer Wahl an der Gedenkstätte Gebete für die vielen Millionen Toten und Vermissten und brachte seiner Hoffnung Ausdruck, dass so viel Unheil nie mehr geschehen dürfe.Anbei die Ansprache des Schultes:„Zum Gedenken versammelten Repräsentanten unserer Bürgerschaft, lieber Herr Pfarrer Wahl, seit März 2020 ist vieles anderes in unserer Gemeinde, in unserem Land, im Bund und auf der ganzen Welt. Zu beklagen sind abermillionen Tote, der Feind ist nicht sichtbar. Heimtückisch ist das Virus mit der Bezeichnung Corona allgegenwärtig, das man als neuen Gegner der Menschheit ausgemacht hat. Den Menschen wird empfohlen, sich in ihren Wohnungen zurückzuziehen, doch das Wirrwarr unter den Gelehrten und Politikern treibt die Pandemierate ungebremst nach oben. Dies könnten Zeilen aus einem Science-Fiction-Roman sein, der das Ende der Menschheit voraussagt. Nein, so weit ist es noch nicht gekommen! Seuchen hat es in der Geschichte schon immer gegeben. Doch unsere vom Fortschritt verwöhnte Nachkriegsgeneration muss aktuell doch bitter erfahren, dass das auf hohem Niveau Erreichte schnell aus den Fugen geraten kann. Auch darum haben wir uns heute versammelt, um das Erinnern an eine schreckliche Zeit wachzurufen, eine Epoche, die über die Menschheit nicht wieder hereinbrechen darf.Heute, 103 Jahre seit Ende des Ersten Weltkriegs, 82 Jahre seit Beginn und 76 Jahre seit Ende des Zweiten Weltkriegs begehen wir den Volkstrauertag und wegen der Pandemie finden vereinzelt in unserem Land Gedenkfeiern statt. Gemeinsam halten wir an diesem Tag die Erinnerungen wach und rufen uns das dunkelste Kapitel unserer Geschichte ins Gedächtnis:Wir gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt, von Völkermord, Verfolgung und Vertreibung, aber auch des Widerstands. Wir erinnern uns an das unsägliche Leid, das Millionen Menschen in unserem Land und in anderen Teilen der Erde zugefügt wurde. Niemals dürfen wir damit aufhören, uns die Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt vor Augen zu führen; der Volkstrauertag hat seine uneingeschränkte Berechtigung, denn er mahnt auch die heutige Generation zum Frieden.Verehrte Anwesende,bedenken wir an diesem Tag, um wie vieles diese Welt menschlicher und lebenswerter wäre, wenn es endlich gelingen könnte, Terror, Gewalt und Krieg schon in ihren Ansätzen zu ersticken. Dies wünschen sich zwar sehr viele Menschen, die Realität sieht allerdings leider anders aus; nahezu täglich wird darüber in den Medien berichtet. Somit beschränkt sich das Gedenken sowie das Mahnen nach Frieden leider nicht allein auf die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts. Auch die Gedenktage unserer Nachbarn sind, wie der Volkstrauertag bei uns, fester Bestandteil der jeweiligen nationalen Identität. Egal welche Rolle die Nationen in den Kriegen hatten, alle haben Opfer zu beklagen. Angesichts der verheerenden Folgen beider Weltkriege und unter dem Druck der aktuellen politischen Herausforderungen erwuchs in Europa die Einsicht in die Notwendigkeit einer gemeinsamen Politik. So jedenfalls war die Absichtserklärung.Das Ergebnis kann sich sehen lassen, auch wenn mittlerweile einzelne Staaten die Rechtsstaatlichkeit nach eigenem Gutdünken definieren. Wir können nicht dankbar genug sein, dass Deutschland seit mehr als 76 Jahren Frieden hat. Doch dürfen wir auch nicht vergessen, dass sich dieser Frieden mit einer Verantwortung verbindet.So wie für uns das Recht auf Frieden und Freiheit selbstverständlich geworden ist, dürfen wir nicht nachlassen, dieses Recht auch für andere Staaten zu fordern, die es nicht haben.Afghanistan hat uns in diesem Bemühen allerdings auch Grenzen aufgezeigt. Dennoch wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben, dass diese Welt mit uns Menschen eine andere, eine bessere werden kann. Unseren Kriegstoten sind wir es schuldig, über reale Schritte nachzudenken, welche friedensstiftend wirken können. Friedenserhalt hat viel mit Gerechtigkeit zu tun. Zur Friedenssicherung gehört auch dazu, die Augen zu öffnen für die Probleme unserer Zeit. Solange es uns gut geht, halten sich auch die Konflikte in einem überschaubaren Rahmen. Doch Deutschland ist nur ein ganz kleiner Teil unserer Welt. Friedenssicherung hat daher eine globale Dimension. Die Gegenwart lehrt uns: Schon das mehrwöchige Querstehen eines Containerschiffes im Suezkanal – Verbindungsachse Asien/Europa - genügt, damit die internationalen Lieferketten kräftig ins Trudeln geraten sind, mit der Folge der immer noch anhaltenden Materialknappheit, die phasenweise ganze Teile unserer Wirtschaft lahmlegt. Gewiss: es gibt auch noch weitere Gründe für die derzeitige Materialknappheit.Wir alle wissen: Deutschland ist kein rohstoffreiches Land. Vor allem gut ausgebildete Fachkräfte, Ingenieure und Wissenschaftler und andere Bildungsschichten sind das Rückgrat unseres wirtschaftlichen Erfolgs. Wie würde es in unserem Land aussehen, wenn uns krisenbedingt der Markt zu den Rohstoffen langfristig versagt würde? Ein nicht vorstellbares Szenario!Welche Erkenntnisse ziehen wir daraus: Friedenzeiten sind keine Selbstverständlichkeit. Sozialer Friede kann langfristig nur erhalten werden, wenn mehr Gerechtigkeit auch unter der Menschheit Einzug hält. Die finanziellen Ausgleichszahlungen der westlichen Industrienationen an Brasilien, Argentinien und andere, nennen wir sie sauerstoffproduzierende Länder mit viel Wald/Urwaldbesitz, sind daher keine Almosen, sondern der Ausgleich für den nicht zu vertretenden Co2-Ausstoß der Industrieländer, den es weiter massiv zu begrenzen gilt.Noch sind wir eine vom Erfolg verwöhnte Nation. Die Augen offen und die Gedanken wach zu halten sind daher wichtige Gebote unserer Zeit. Lassen wir unsere Hoffnung auf Fortsetzung des Friedensprozesses nicht fallen, denn Hoffnung, die wir uns immer wieder erkämpfen und die wir in unserer Seele finden, sie ist der Schlüssel zu einer besseren Zukunft.“